Das heutige Fremdbild von Schweden

 

 

 

 

Universität Wien

Skandinavistik

Sommersemester 2013

 

 

 

DAS HEUTIGE SCHWEDENBILD

IM KONTEXT DER INTERKULTURELLEN KOMMUNIKATION

 

 

 

 

Anastasija Baranovska

Matrikelnummer: 1268131

 

Lehrveranstaltung:

PS Schweden und Schwedenspuren in Österreich (ganzer Titel! + Lehrveranstaltungsnummer!)

Leiter: Mag. Cornelia Bauer

 

 

 

 

 

INHALTSVERZEICHNIS

 

Einleitung……………………………………………………………………………………...3

 

  1. DIE DEFINITION DER IN DER PROSEMINARARBEIT VERWENDETEN GRUNDBEGRIFFEN………………………………………………………………………..5

 

    1. „Kulturbegriff“ im Kontext der interkulturellen Kommunikation………………...5
    2. „Interkulturell“ und interkulturelle Kommunikation ……………………...…........6
    3. „Fremd“ im Kontext der interkulturellen Kommunikation……………………….6
    4. „Fremdbild“ und „Selbstbild“ im Kontext der interkulturellen Kommunikation...7
    5. „Das Innen“ (Ingroup) und „das Draußen“ (Outgroup) im Kontext der interkulturellen Kommunikation………………………………………………………........8
    6.   Stereotype im Kontext der interkulturellen Kommunikation……………............8

 

  1. DIE ANALYSE DES HEUTIGEN SCHWEDENBILDS IM KONTEXT DER INTERKULTURELLEN KOMMUNIKATION……………………………………….......9

 

    1. Die Beschreibung des Zwiebeldiagramms von G. Hofstede……………………….9
    2. Das Zwiebeldiagramm von Schweden……………………………………………..11
    3. Die kulturellen Dimensionen von G. Hofstede und die schwedische Kultur.........12
    4. Schweden – Der Weg zum Wohlfahrtsstaat……………………………………....14
    5. Stereotype über Schweden…………………………………………..…………..…16
    6. Das heutige Fremdbild der Schweden……...…………………………...................18

 

ANHANG

N.1…………………………………………………………………………………………..21

N.2…………………………………………………………………………………………..22

N.3…………………………………………………………………………………………..23

N.4…………………………………………………………………………………………..25

N.5………………………………….……………………………………...……..25

 

QUELLENVERZEICHNIS…………………………………………………….………...26

EINLEITUNG

Weltweit zählt man 2511 Völker, und jedes davon hat sein eigenes Weltbild. Obwohl Denkweisen und Verhaltensarten Zugehöriger verschiedener Kulturen unterschiedlich sind, sind alle gezwungen gleichartige Probleme zu erleben und zu lösen, beispielsweise in Wirtschaft, Politik und Ökologie. Um diese Probleme erfolgreich zu lösen, müssen Menschen zur Zusammenarbeit bereit sein. Wenn sich Zugehörige verschiedener Kulturen treffen, entsteht die interkulturelle Kommunikation.

Binnen der letzten Dekade ist die interkulturelle Kommunikation als Forschungsgegenstand außerordentlich wichtig geworden. Um eine erfolgreiche Zusammenarbeit zu gewähren, versuchen Menschen die Vertreter anderer Kulturen zu verstehen und Berührungspunkte zu finden.

Kulturwissenschaftler wie Geert Hofstede, Gerhard Maletzke, Alexander Thomas und ihre Untersuchungen im Bereich der interkulturellen Kommunikation waren die Inspiratoren dieser Arbeit. Aufgrund der Analyse der in Büchern sowie im Internet zugänglichen Ressourcen über die schwedische Mentalität sowie die kulturellen Besonderheiten und der Anwendung der Methoden der interkulturellen Kommunikation, wird hier das heutige Schwedenbild analysiert und definiert.

Das Ziel dieser Arbeit ist es, zu untersuchen, wie das Schwedenbild heutzutage aus der Sicht der interkulturellen Kommunikation in der Welt dargestellt wird.

Die Fragen, die in dieser Arbeit aufgestellt sind:

  • ob es ein gemeinsames (geeintes) Bild für die Schweden gibt,
  • woraus sich das Schwedenbild aufbaut,
  • was die Entstehung und die Herausbildung des Schwedenbildes beeinflusst hat,
  • wie das Bild von Schweden heutzutage aussieht und wie das im Westen2 vermittelt wird.

Im Kontext dieser Arbeit werden folgende Aufgaben gestellt:

  • einen Einblick in die Lehre und die Untersuchungsmethoden der interkulturellen Kommunikation zu gewinnen;
  • aussuchen und analysieren der entsprechenden Bücher und der im Internet zugänglichen Materialien über Schweden und deren Fremdbild;
  • auf der Grundlage der analysierten Materialien das Zwiebeldiagramm von Schweden erstellen;
  • auf der Basis der analysierten Materialien über Schweden und andere Länder im Zusammenhang mit der kulturellen Dimensionen von Gerhard Hofstede die verschiedenen Kulturen miteinander zu vergleichen;
  • das heutige Fremdbild von Schweden im Westen zu definieren.

Als theoretische Grundlage dieser Proseminararbeit kann man die Werke vom niederländischen Expert für Kulturwissenschaften G. Hofstede sowie vom deutschen Kommunikationswissenschaftler G. Maletzke nennen.

In dem ersten Kapitel werden die in der Proseminararbeit verwendeten Grundbegriffe definiert. In dem zweiten Kapitel wird das schwedische Fremdbild aufgrund der Methoden der interkulturellen Kommunikation analysiert. Am Ende der Proseminararbeit werden typische Stereotypen über Schweden verfasst und aufgrund der Selbstbild- und Fremdbildtheorie von G. Maletzke wird das heutige Fremdbild von Schweden definiert.

 

 

Anm.: Versuche „die Fragen, die in dieser Arbeit aufgestellt sind“ ohne Anführungspunkte • zu formulieren, einfach in Sätzen, oder eh wie du es gemacht hast mit ; trennen. Generell Aufzählungspunkte wenn möglich eher vermeiden.

 

Anm.: Und bitte auch soviel fett geschriebene Schriften vermeiden (Inhaltsverzeichnis, Überschriften, Hervorhebungen) – wenn du etwas hervorheben möchtest, einfach kursiv schreiben, bei Überschriften einfach eine größere Schriftart wählen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

  1. DIE DEFINITION DER VERWENDETEN GRUNDBEGRIFFE
    1. „Kulturbegriff“ im Kontext der interkulturellen Kommunikation

In der heutigen Welt voller unterschiedlicher Nationen gewinnt der Kulturbegriff immer mehr an Interesse und Bedeutung. Einen einheitlichen und herauskristallisierten Kulturbegriff, mit dem alle Kulturwissenschaftler zufrieden sein würden, auszuarbeiten, ist jedoch nicht so leicht.

Mit dem Kulturbegriff haben sich viele Gelehrte, Wissenschaftler und Philosophen beschäftigt, zum Beispiel Leibniz, Voltaire, Herder, Humboldt, Kant, Freud, Jung u. A. Jeder von diesen großartigen Gelehrten hat das Phänomen der Kultur auf seine eigene Art untersucht. Also wird der Kulturbegriff vom Kontext und von der Stellung des Autors bzw. Definitors bestimmt.

In der Tat entstand der Kulturbegriff erst im 17. Jahrhundert, als Kultur dem Begriff Wissenschaft entgegengestellt wurde. Kultur wird vom Menschen und dessen Willen sowie Möglichkeiten erschaffen, sondern Wissenschaft ist etwas, was vor dem Menschen schon existierte und vorherbestimmt war (???). Meinst du: Kultur wird vom Menschen und seinen Willen selbst erschaffen, sowie den vorhandenen Möglichkeiten seiner Zeit. Wissenschaft jedoch wird als etwas gesehen, das schon vorher existierte und dem Menschen/der Menschheit vorherbestimmt ist. 3

  • Kultur als Menge von Produkten bzw. Artefakten

Zunächst wird mit dem Begriff  Kultur die Weise bezeichnet, auf welche Menschen mit der Hilfe vom Sinn und „Produkten“ von Handeln (???) ihr Leben konstruieren. Kultur stellt demnach geistige sowie materielle Produkte und Artefakte von Menschen dar. Laut dem Kulturkonzept von G. Maletzke ist Kultur „ein System von Konzepten, Überzeugungen, Einstellungen, Wertorientierungen, die sowohl im Verhalten und Handeln der Menschen als auch in ihren geistigen und materiellen Produkten sichtbar werden.“4

  • Kultur als Menge von Individuen

Zweitens gilt auch Kultur als Menge von Individuen, die durch eine gemeinsame Lebensart gekennzeichnet sind. Laut der Meinung des amerikanischen Kulturwissenschaftlers R. Brislin ist Kultur eine bestimmte Gruppe mit gemeinsamen Überzeugungen, Werten sowie gemeinsamen Erfahrungen und historischem Hintergrund.5

  • Kultur als “software of the mind“

Der niederländische Sozialanthropologe G. Hofstede hat einen neuen Kulturbegriff hervorgebracht, der rasch Anerkennung unter den Geistes- und Kulturwissenschaftlern gewonnen, sowie einen festen Platz binnen der Kulturwissenschaften bekommen hat. Als ob Hofstede mit den Begriffen gespielt hätte, vergleicht er Kultur mit dem Hauptbestandteil - der Software - eines Computers und hält Kultur für ein Mentalprogramm bzw. für die „software of the mind“.6

Wenn Kultur bzw. das Mentalprogramm als „das Innere“ einer bestimmten Gruppe betrachtet wird, kann man Kultur als „das kollektive geistige Programm, wodurch diese bestimmte Gruppe oder Kategorie von Menschen geprägt ist und wodurch die von einer anderen Menge von Individuen unterschieden wird“ definieren. Also wird Kultur in dieser Arbeit als „das soziale Programmieren“ (das geistige Programm verschiedener ethnischer Gruppen und Sozietäten?) betrachtet.

 

    1.  „Interkulturell“ und interkulturelle Kommunikation

Mit dem Begriff interkulturell werden alle jene Beziehungen bezeichnet, in denen „Eigenheit und Fremdheit, Identität und Andersartigkeit, Familiarität und Bedrohung, Normalität und Neues zentral Verhalten, Einstellung, Gefühle und Verstehen bestimmen.“7

Manchmal wird der Prozess der interkulturellen Kommunikation als „die interkulturelle Interaktion“ genannt. Der Unterschied liegt jedoch darin, dass der Schwerpunkt  in der Kommunikation mehr bei der wechselseitigen Verständigung liegt, in der Interaktion jedoch beim Verhalten und Handeln.

Insgesamt umfasst die interkulturelle Kompetenz drei Faktoren:

  • das Wissen über die entsprechende Kultur, die Besonderheiten dieser Kultur, sowie Beherrschung der Sprache und Verwendung deren „Spielregeln“;
  • Einhaltung der sozialen Distanz als Motivation und positive Einstellung gegen den Vertreter einer anderen Kultur;
  • Interaktions- und Kommunikationsfähigkeit, die eine erfolgreiche auf gegenseitigem Respekt sowie Toleranz aufgebaute Kommunikation fördern. 8

 

    1.  „Fremd“ im Kontext der interkulturellen Kommunikation

Im Kontext der interkulturellen Kommunikation spielt der Begriff des Fremden eine wichtige Rolle. Der Begriff  des Fremden ist keinesfalls eindeutig definierbar, weil dessen Bedeutung grundsätzlich vom Kontext abhängig ist. Der deutsche Kulturwissenschaftler Gerhard Maletzke bietet zugleich mehrere Deutungen des Fremden  an: 9

  • Das Fremde als das Auswärtige, das Ausländische, d.h. als etwas, das sich jenseits einer räumlich bestimmbaren Trennungslinie befindet; etwas, das nicht „das Unsere“ ist, was uns nicht unter normalen Bedingungen zugänglich und erreichbar ist. Diese Perspektive betont gleichzeitlich die hochwichtige Bedeutung des „Inneren“ als Heimat oder Einheitssphäre.
  • Das Fremde als Fremdartiges, d.h. als etwas, das einem Individuum oder Angehörigen einer bestimmten Gruppe nicht zugehört, was denen anomal, anormal und ungewohnt ist.
  • Das Fremde als das noch Unbekannte. Hiermit ist fremd als Phänomen zu verstehen, das während des Vorgangs des Kennenlernens und des sich gegenseitig Vetrautmachens von Erfahrungsbereichen entsteht.
  • Das Fremde als das letztlich Unerkennbare, mit anderen Wörtern, fremd als etwas Transzendentales, Äußeres, wobei jegliche Möglichkeit des Kennenlernens ausgeschlossen ist.
  • Das Fremde als das Unheimliche, d.h. als Gegenstück zur Sicherheit, die ein Individuum in dem  ihm vertrauten Gebiet bzw. „der Heimat“ empfindet.

 

    1.  „Fremdbild“ und „Selbstbild“ im Kontext der interkulturellen Kommunikation

Aus den oben erwähnten Ausführungen kann man entnehmen, dass es folgende Gegensatzpaare in der interkulturellen Kommunikation gibt: „das Unsere“ vs. "das Ihre“, „das Nahe“ vs. „das Ferne“, „das Zugängliche“ vs. „Unzugängliche“, „das Normale“ vs. „das Anormale“, „das Gewohnte“ vs. „das Ungewohnte“, „das Seine (Vertraute??) “ vs. „das Fremde“.

In der Begegnung mit Angehörigen einer anderen Gruppe oder Kategorie meinen die Menschen, dass „diese Anderen“ dieselben Ziele und dasselbe Weltbild haben. Meistens sind einige der Meinung, dass sich die Anderen unter den entsprechenden Bedingungen gleichartig verhalten sollten. Hiermit wird der Grundstein für die interkulturellen Missverständnisse gelegt. Im Umgang mit der Angehörigen einer anderen Gesellschaft gehen die Menschen von dem kollektiven Weltbild und von den kollektiven Überzeugungen ihrer eigenen Gruppe aus. Wir haben bestimmte Vorstellungen über unsere eigene, sowie über die für uns fremde Kultur.

Als Teil einer konkreten Gruppe von Menschen haben wir ein bestimmtes Bild im Kopf, das durch die Vorstellungen über uns selbst geprägt ist. Etwas, das wir von uns selbst denken ist unser Selbstbild. Das Bild, das wiederum von den Vorstellungen einer anderen Gruppe über uns entstanden ist, bezeichnen wir als Fremdbild.

Daraus kann man schließen, dass jegliche Gesellschaft von beiden Seiten zu analysieren  ist. Diesseits, von den Angehörigen unserer Gruppe, haben wir eine Kultur. Jenseits, von der Meinung der Angehörigen einer anderen Gruppe ausgehend, sind wir eine Kultur. 10

In dieser Arbeit fokussiert sich die Autorin auf das Fremdbild von Schweden.

 

    1.  „Das Innen“ (das Innere klingt besser) (Ingroup) und „das Außen“ (das Äußere) (Outgroup) im Kontext der interkulturellen Kommunikation

Von den Sozialwissenschaften aus gesehen lassen sich ergänzend noch zwei Begriffe erwähnen: ingroup11 bzw. die innere Gruppe und outgroup12 bzw. die äußere Gruppe. Unter dem Begriff „Ingroup“ wird eine Gesellschaft mit gemeinsamen Gesetzen, Regelungen, Regierung und Wirtschaft verstanden, in der zwischen Gruppenmitgliedern durchaus Einverständnis und Harmonie herrscht. „Outgroup“ liegt demgegenüber „außerhalb der Grenze“ und wird als etwas Ungewohntes und Fremdartiges allermeist abgelehnt und missachtet.13

    1.   Stereotype im Kontext der interkulturellen Kommunikation

In den Sozialwissenschaften gibt es eine treffende Entsprechung für den Begriff „Bild“ und zwar die Bezeichnung Stereotyp. Dabei ist zu bemerken, dass das Fremdbild eine Alternative von Heterostereotyp und das Selbstbild ein Analog von Autostereotyp ist.

Stereotyp ist eine stark vereinfachte, klischeehafte emotionslose Vorstellung einer Gruppe über eine andere. Zum Beispiel gibt es den Stereotyp, dass alle Spanisch sprechenden Männer „Machos“ sind – Männer, die ihre Männlichkeit und Brutalität hervorheben. Autostereotyp ist die Vorstellung einer bestimmten Gruppe über sich selbst. Zum Beispiel halten sich Italiener für die besten Sänger der Welt. Heterostereotyp ist die Vorstellung einer Gruppe über eine andere Gruppe und deren Mitglieder. So halten beispielsweise die Franzosen die Dänen für ordentliche Blondinen, die in einem „windigen“ Staat leben und die Fischkonserven herstellen.14 Es ist zu bemerken, dass es einen Abzweig von Stereotyp gibt, und zwar das Vorurteil, das meistens mit einer negativer Färbung das Ergebnis einer Generalisation bzw. Verallgemeinerung ist. Zum Beispiel gibt es das Vorurteil, dass Amerikaner dick sind, weil sie hauptsächlich bei McDonald’s essen.

Da im Fokus dieser Arbeit das Fremdbild der Schweden liegt, wird hier der Heterostereotyp über Schweden verfasst.

 

  1. DIE ANALYSE DES HEUTIGEN SCHWEDENBILDS IM KONTEXT DER INTERKULTURELLEN KOMMUNIKATION

 

Heutzutage sind die Ansichten der Wissenschaftler, auf welche Art die Gesellschaft oder eine bestimmte Gruppe zu analysieren ist, grundlegend verschieden. Im Rahmen dieser Arbeit war es nicht möglich, tief greifend alle Theorien der interkulturellen Kommunikation zu behandeln. Deswegen fokussiert sich die Autorin auf solche Untersuchungsmodelle, die am meisten den Nationalcharakter15 betreffen.

 

    1.   Die Beschreibung des Zwiebeldiagramms von G. Hofstede

Es gibt zahlreiche Modelle, wie man die Gesellschaft oder eine bestimmte Gruppe analysieren und darstellen kann. Eine der bekanntesten Methoden ist das sogenannte „Zwiebeldiagramm“16 bzw. die Methode des „Zwiebelmodells“, die die Struktur einer kulturellen Gruppe als eine Zwiebel, die im Schnitt aus mehreren Schichten besteht, auslegt.

Eine der anerkannten „Schichtenmethoden“ in der interkulturellen Kommunikation ist das Modell „des Zwiebeldiagramms“ von G. Hofstede.

Den inneren Kern bilden die Werte (einer bestimmtes Volksgruppe/Ethnizität??), während ihre Symbole die äußerste Schicht bilden. Dazwischen liegen die Schichten der Rituale und Helden. Die einzelnen Schichten sind als Schalen einer Zwiebel dargestellt und liegen übereinander. Die Praktiken der jeweiligen Kultur reichen durch die Schichten der Symbole, Helden und Rituale hindurch. Die Praktiken sind für außenstehende Beobachtende direkt wahrnehmbar, aber deren Bedeutung ist nur für die Angehörigen einer gewissen Gruppe zu entschlüsseln.

Die äußerste Schicht, Symbole bzw. Manifestationen, sind alle von Menschen in dieser Kultur hergestellten Wörter, Gesten, Bilder, Objekte, Farben etc., die von außen sichtbar sind. Die bestimmte Bedeutung der Symbole ist jedoch nur durch die Mitglieder der jeweiligen Kultur erkennbar. Dazu zählen (National)Flaggen, Statussymbole, Wahrzeichen, Monumente, Kleidung, Frisur, Schmuck, Gerichte usw. Dabei sind (spezifische?) Worte einer Sprache, wie etwa fachliche Begriffe, Ausdrücke eines Jargons, sprachliche Symbole zu nennen. Die Natur der Symbole wird durch den Spruch des berühmten griechischen Philosophen Heraklit von Ephesos „Alles fließt“17 geprägt. Die Symbole sind wandelbar und sie werden in der heutigen globalisierten Welt von anderen kulturellen Gruppen nachgeahmt.

Die zweite Schicht des Zwiebeldiagramms sind Helden oder Vorbilder, die die Werte einer konkreten Gruppe verkörpern. Diese sind lebende oder tote, historische oder fiktive Personen, die in einer Kultur als Vorbilder dienen. Sie besitzen Eigenschaften und Qualitäten, die in einer bestimmten Gruppe oder Gesellschaft hoch angesehen sind, oder die die Entwicklung einer Kultur beeinflussen oder beeinflusst haben.

Die dritte Schicht bilden Rituale. Rituale sind kollektive Verhaltensmuster, die als sozial notwendig gelten aber ziellos sind. Dazu zählen insbesondere die verschiedensten Formen der Begrüßung und der Ehrerbietung, der Small-Talk (der z.B. im englischsprachigen Raum besonders wichtig ist), Versammlungen von Abgeordneten, aber auch soziale und religiöse Zeremonien.

Den zentralen Bestandteil, der den innersten Kern des Zwiebeldiagramms darstellt, bilden die Werte. Diese sind abstrakte Begriffe, die Maßstäbe bezeichnen, mit denen die Menschen ihre Welt ordnen und gewichten. Diesen Wertorientierungen liegt all unser Denken, Erleben, Handeln zugrunde, wobei sie sich im Prozess des sozialen Wandels verändern können. Sie basieren auf einigen wenigen Grundbedürfnissen der Menschen, und deshalb ist ihre Zahl begrenzt. Die Wertorientierungen stellen ein kulturelles Strukturmerkmal dar, weil die Verteilung und Bedeutung der Werte von Kultur zu Kultur verschieden. Sobald die Werte einer bestimmten Gesellschaft verändert werden, verändern sich unabwendbar auch die übrigen Schichten des Zwiebeldiagramms.

Zusammenfassend muss man betonen, dass das Modell „des Zwiebeldiagramms“ universal ist, weil es ermöglicht, jegliche Gesellschaft und deren Grundeinstellungen ohne qualitative oder quantitative Forschung zu analysieren.

 

    1.  Das Zwiebeldiagramm von Schweden

Auf Basis der in Fachbüchern sowie im Internet zugänglichen Materialien über die Manifestationen der schwedischen Kultur und die kennzeichnenden Eigenschaften der Schweden, wird in diesem Kapitel das Zwiebeldiagramm von Schweden erstellt. Das Zwiebeldiagramm umfasst die charakteristischen Besonderheiten von der schwedischen Kultur und der schwedischen Mentalität. Dieses Zwiebeldiagramm impliziert nicht nur die Angaben der interkulturell kompetenten Wissenschaftler über die schwedische Kultur und die interkulturellen Besonderheiten der Schweden, sondern auch die Aussagen, Kommentare und Meinungen jener, die sich in der schwedischen Kultur auskennen und sich eingehend mit ihr beschäftigen.

Symbole und Manifestationen: der Wohlfahrtstaat, Demokratie, freier Zugang zur Natur, Nobelpreis, sportliche Höchstleistungen, internationale Beliebtheit, internationale Berühmtheiten, Umweltschutz, skärgårdar (Schärengarten), fjordar (Fjorde), Angst vor Konflikten, versteckte Gefühle, „lagom“ (Mäßigung),  Kungliga slottet (Stockholmer Schloss), Drottningholms Slott (Schloss Drottningholm), SAAB, VOLVO, SCANIA, IKEA, ERICSSON, Electrolux, H&M, Oriflame, köttbullar (Fleischklößchen), smörgåstortan (Sandwich-Kuchen), surströmming (saurer Strömling), kanelbullar (schwedische Zimtschnecken), Dalapferdchen18, Schwedische Krone (SEK); (Anm.: Vielleicht magst du deine Aufzählungen ein wenig ordnen, also z.B. Schwedische Markennamen wie…., schwedisches Essen, wie…., bekannte Sehenswürdigkeiten, politische Vorbildfunktionen….)

Helden und Vorbilder: Gustav Wasa, Alfred Nobel, Königin Silvia von Schweden, Dag Hammarskjöld, August Strindberg, Ingrid Bergman, Astrid Lindgren, Björn Borg, Evert Taube, Carl Larsson, Ingmar Bergman, Hasse Alfredsson, Sven Hedin, Henning Mankell, Ingemar Johansson, Nicodemus d. Ä. Tessin, Anders Celsius, Carl von Linne, Greta Garbo, ABBA, Roxette, Raoul Wallenberg, Pippi Langstrumpf, Ronja Räubertochter, Die Kinder von Bullerbü, Karlsson vom Dach, Madita, Michel aus Lönnberga; (bitte auch sortieren! Historische Persönlichkeiten, Schriftsteller, Literaturfiguren, Wissenschaftler,…etc. – wir kennen diese Personen, du solltest aber so schreiben, dass JEDER versteht um welche Personenkreise es hier geht)

Rituale: Lucia-Wettbewerb, Elchjagd, Midsommar (Mitternachtssonne), Nobelpreis-Verleihung, liten stuga (kleines Sommerhaus), roher Fisch, bastu (Sauna), Tischmanieren, Flusskrebs-Partys, Anbetung des Sommers, Skifahren, Valborgsmässoafton (Walpurgisnacht), Sveriges Nationaldag und  Svenska flaggans dag (schwedischer Nationalfeiertag am 6. Juni), Alla själars dag (Allerheiligen, Allerseelen?), Nobeldagen, Gustav Adolfs dagen;

Werte: Ehrlichkeit, Loyalität, Toleranz, Gleichheit, Friedensliebe, Liebe zur Natur, Sauberkeit, Freundlichkeit, Pflichtbewusstsein, Bescheidenheit, Durchaltevermögen, Fleiß, Gerechtigkeit  (Suum cuique = Jedem das Seine), Geradlinigkeit, Ordnungssinn, Pflichtbewusstsein, Pünktlichkeit, Redlichkeit, Selbstverleugnung, Sparsamkeit, Unbestechlichkeit, Zurückhaltung (“Mehr sein als scheinen!”), Zuverlässigkeit, religiöse Toleranz, innovative Entwicklungen, das Wohlbefinden der Menschen.

Es ist zu bemerken, dass die schwedischen Werte stark vom Protestantismus geprägt wurden.

 

    1.   Die kulturellen Dimensionen von G. Hofstede und die schwedische Kultur

Wie bereits erwähnt wurde, gibt es zahlreiche Theorien und Methoden der Analyse menschlicher Gesellschaft. Während die Methode des Zwiebeldiagramms für die Beschreibung einer kulturellen Gruppe geeignet ist, fokussiert sich die Methode der kulturellen Dimensionen eher auf den Vergleich der Gesellschaften von Nationalstaaten.

Die Ansichten der Wissenschaftler verschiedener Bereiche über die Kriterien dieser Methode sind jedoch unterschiedlich. Eines der am meisten anerkannten Systeme der Kulturdimensionen ist von einem niederländischen Sozialanthropologen – Geert Hofstede. In den Jahren 1968 bis 1972 befragte Hofstede ca. 117 000 Mitarbeiter des internationalen Konzerns IBM in 72 Ländern, um den Einfluss nationaler Kultur auf die Organisationskultur nachzuweisen. Sein Arbeitsinstrument war ein standardisierter Fragebogen mit 60 Themenabschnitten. Zunächst war die Nutzung der Resultate seiner Forschung für konzerninterne Zwecke gedacht, wurde jedoch zu einer vergleichenden Kulturstudie.

Die erste kulturelle Dimension von G. Hofstede heißt Machtdistanz. Das ist die Art und Weise, wie eine Gesellschaft mit der Ungleichheit der Machtverteilung zwischen Mitgliedern der Gesellschaft umgeht. Wenn beispielsweise eine große Machtdistanz in der Gesellschaft herrscht, wie etwa in Russland, Serbien, Mexiko, Venezuela, Malaysia oder Frankreich, haben die Machtinhaber ein Recht auf Privilegien, ihr Führungsstil ist eher patriarchalisch, und die Struktur des Staates weist Merkmale von Zentralisierung auf. In einer solchen Gesellschaft besteht auch eine große Kluft zwischen Reich und Arm. Die Staaten mit einer niedrigen Machtdistanz sind stark durch das Bedürfnis nach Gleichheit geprägt. Dabei sind die sogenannten „Jantelagen”(die Gesetze von Jante) zu erwähnen, die ein wesentlicher Bestandteil der schwedischen Identität sind. Es geht hier darum, dass die in der schwedischen Gesellschaft herrschende Gleichheit in mehreren „Geboten“ manifestiert ist. Zu diesen identitätsstiftenden Denkmustern gehören beispielsweise Gebote wie: „Du sollst nicht glauben, dass Du Was bist. Du sollst nicht glauben, dass Du klüger bist als wir. Du sollst nicht glauben, dass Du besser bist als wir. Du sollst nicht glauben, dass Du mehr weißt als wir. Du sollst nicht glauben, dass Du bedeutender bist als wir. Du sollst nicht glauben, dass Du zu etwas taugst. Du sollst uns nicht auslachen. Du sollst nicht glauben, dass sich jemand um dich kümmert. Du sollst nicht glauben, dass du uns etwas beibringen kannst.“ 19 Die Gesellschaft ist stark von der breiten Mittelschicht vertreten. In Unternehmen herrscht schwache hierarchische Struktur. Die Staaten wie Schweden (Platz von 47 von 53),20 Dänemark, Norwegen, Österreich die dazu gehören, legen viel Wert auf Demokratie und Vermeidung großer sozialer Ungleichheit. Es ist zu ergänzen, dass die schwedische Gesellschaft stark von ihrer „Kollegialität“ 21 geprägt ist. Das betrifft vor allem das Verhalten am Arbeitsplatz und heißt, dass die Menschen immer zur Zusammenarbeit bereit sind und immer nach einem gemeinsamen Konsens streben.             

Die nächste kulturelle Dimension ist Individualismus vs. Kollektivismus. Diese Dimension zeigt das Ausmaß, in welchem Individuen in Gruppen (in einer bestimmten Gruppe?) integriert sind. Ausgeprägtes „Ich-Bewusstsein“ versus „Wir-Bewusstsein“ (Gruppenbewusstsein), also Individualismus versus Kollektivismus. In den stark ausgeprägten individualistischen Staaten wie etwa den USA, Australien, Großbritannien, Deutschland, Österreich und Schweden (Platz 10 von 53)22 haben die Interessen des Individuums Vorrang gegenüber jenen der Gruppe, die Kinder werden zu Einzelkämpfern erzogen und werden ziemlich früh selbständig und unabhängig von ihren Eltern, die Menschen kümmern sich vorrangig um sich selbst und nur die engste Familie. Die eigene Identität bestimmt man selbst, jeder hat ein Anrecht auf ein Privatleben. Offen auszusprechen, was man denkt, gilt als Zeichen der Ehrlichkeit. Aufgaben sind wichtiger als Beziehungen. Im Zentrum individualistischer Gesellschaften steht vor allem die Selbstbestimmung und Selbstrealisation eines Individuums. Diejenigen Staaten, in denen individualistische Werte vorherrschen, sind reicher als diejenigen Staaten, die durch kollektivistische Werte geprägt sind. In Staaten mit stark ausgeprägtem Kollektivismus wie Venezuela, Guatemala, Bulgarien und/oder Russland wird ein Individuum als ein Bestandteil einer „Wir-Gruppe“ betrachtet. Die eigene Identität ergibt sich dabei aus dem sozialen Netz, dem man angehört. Im Zentrum solcher Gesellschaften liegt die Harmonie zwischen den Mitgliedern, sowie die Bewahrung und Aufrechterhaltung von Traditionen.

Die dritte kulturelle Dimension, Maskulinität vs. Feminität, ist mit der Rollenverteilung zwischen den Geschlechtern in einer Gesellschaft verbunden. Eine „maskuline“ Gesellschaft grenzt die Rollen der Geschlechter klar ab, aber „feminine“ Kulturen demgegenüber sind durch Überschneidung der Rollen der Geschlechter gekennzeichnet. In den Staaten mit einem hohen Maskulinitätsindex wie Japan, Ungarn, Österreich und/oder Deutschland dominieren überwiegend Männer. Diese setzen sich durch, Frauen hingegen sorgen und kümmern sich. Die höchsten Werte in der Gesellschaft sind Erfolg und Fortschritt, Geld und Materielles sind wichtig. Das Wirtschaftswachstum sollte höchste Priorität haben. Man muss groß, schnell, zielstrebig sein und keine Emotionen zeigen, um in solchen Gesellschaften zu überleben. In den femininen Staaten wie Schweden (Platz 53 von 53)23, Norwegen, Dänemark und/oder den Niederlanden, herrscht die Gleichheit der Geschlechter, in der Familie sind sowohl Vater als auch Mutter für Rationales und Gefühle zuständig, die Menschen sind flexibel und kompromissbereit. Die Wohlfahrtsgesellschaft gilt als Ideal und es wird viel Wert auf den Umweltschutz gelegt.

Die Dimension der Unsicherheitsvermeidung zeigt den Grad, in dem die Mitglieder einer Kultur sich durch ungewisse oder unbekannte Situationen bedroht fühlen. Kulturen, die Unsicherheiten vermeiden, versuchen durch gesellschaftliche Regelungen solche Situationen zu minimieren. Andersartiges gilt als gefährlich. Es gibt ein großes Bedürfnis für geschriebene Regeln. Die Menschen brauchen Institutionen, die Sicherheit versprechen und Konformität schützen. Es gibt nur eine Wahrheit („unsere“) und die hat für alle zu gelten. Zu solchen Kulturen zählen Deutschland, Österreich, Ungarn, Russland usw. Die Menschen dort sind geschäftiger, unruhiger, weil Zeit gleich Geld ist. Dabei müssen die Gefühle verborgen werden. Die Bewohner der Länder mit geringerer Unsicherheit, wie etwa Schweden (Platz 50 von 53)24, Dänemark, Großbritannien, die USA und Singapur gibt es nur wenige und grobe Gesetze und Regeln. Andersartiges ruft Neugier hervor. Es gibt einen hohen Grad an Toleranz gegenüber abweichenden und neuen Ideen und Verhaltensweisen. Die Menschen sind ruhiger, gelassener und aufgeschlossener gegenüber anderen Meinungen. Das, was die einen für wahr halten, sollte den anderen nicht aufgezwungen werden. Es gibt eine hohe Risikobereitschaft, und die Unsicherheit im Leben über die Zukunft wird ziemlich leicht akzeptiert. 

Die jüngste Kulturdimension von Hofstede stellt die langfristige vs. kurzfristige Orientierung dar. Diese Dimension zeigt, wie groß der zeitliche Planungshorizont in einer Gesellschaft ist. „Kurzfristige Orientierung steht für das Hegen von Werten, die auf die Vergangenheit und Gegenwart bezogen sind, insbesondere Respekt für Traditionen, Wahrung des Gesichts und Erfüllung sozialer Pflichten.“25 Die Werte in einer kurzfristig orientierten Gesellschaft sind Flexibilität, Egoismus und Erlangung eines schnellen Ergebnisses. Es gibt eine absolute Wahrheit in solchen Kulturen. Kurzfristige Orientierung wird zum Beispiel in den USA, Kanada, Australien, Philippinen, Pakistan und in Österreich (nicht so stark ausgeprägt), vertreten.  Langfristige Orientierung steht demgegenüber für das Hegen von Tugenden, die auf künftigen Erfolg hin ausgerichtet sind, insbesondere Ausdauer, Disziplin, Fügung in sozialen Hierarchien, Sparsamkeit, Schamgefühl und Beharrlichkeit.26  In solchen Kulturen ist die Wahrheit stark von Situation, Kontext und Zeit abhängig. Langfristige Zeitorientierung herrscht in China, Japan, Thailand, Indien, Südkorea, Taiwan usw. Schweden (Platz 12 von 23)27 weist Merkmale sowohl von langfristiger, als auch von kurzfristiger Orientierung vor. Langfristige Orientierung spiegelt sich darin, dass die Menschen kompromissbereit sind, langfristige gemeinschaftliche Ziele verfolgen bzw. zukunftsorientiert sind. Die schwedische Gesellschaft weist aber auch Merkmale von kurzfristiger Orientierung auf, so sind Schweden auch durchaus gegenwartsorientiert.

Es ist zu bemerken, dass der markanteste Unterschied zwischen Österreicher und Schweden in Bezug auf die kulturellen Dimensionen von G. Hofstede im Maskulinitätsindex sowie im Unsicherheitsvermeidungsindex vorliegt. Die österreichische Kultur ist durch einen großen Maskulinitätsindex und einen großen Unsicherheitsvermeidungsindex gekennzeichnet, aber schwedische Kultur ist durch einen geringen Maskulinitätsindex und einen geringen Unsicherheitsvermeidungsindex ausgeprägt.

Als Ergänzung werden mit Hilfe der vorher beschriebenen Methoden und eingehender Analyse der kulturellen Besonderheiten der schwedischen Kultur, sowohl ein Vergleich innerhalb Skandinaviens28, als auch ein Vergleich zwischen skandinavischem und deutschsprachigem Raum (Deutschland, Österreich, deutschsprachiger Teil der Schweiz) im Kontext der interkulturellen Kommunikation gemacht. Die Ergebnisse dieser Vergleiche finden sich im Anhang der Arbeit.29   

 

    1.  Schweden – Der Weg zum Wohlfahrtsstaat

Da sowohl das Fremdbild als auch das Selbstbild von Schweden vor allem mit dem Begriff „Wohlfahrtstaat“ assoziiert wird, ist es wichtig, die Entwicklung Schwedens zum Wohlfahrtstaat unter Lupe zu nehmen.

Die ältere Geschichte Schwedens ist sehr stark von zahlreichen Auseinandersetzungen, Kriegen und Eroberungen geprägt. Die verheerende Beutezüge der Wikinger um 1000, ständige Feldzüge der kriegerischen Könige wie Gustav II. Adolf und Karl XII. und mehrere Auseinandersetzungen mit den Nachbarländern.

Das 17. Jahrhundert war für Schweden besonders erfolgreich – zum ersten Mal in der Geschichte wurde Schweden eine europäische Großmacht und erreichte seine größte Ausdehnung.

Das 18. Jahrhundert war ebenfalls durch zahlreiche Kriege um die Herrschaft über die Ostsee, die überwiegend mit Russland geführt wurden, geprägt. Schwedens Macht wurde dabei stark geschwächt. Seitdem musste Schweden Frieden halten, um einfach überleben (weiter bestehen?) zu können. Daher nahm Schweden auch an keinem der beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts teil. In der Nachkriegszeit wurde Schweden für seine Verdienste in der Zusammenarbeit in der internationalen Friedenspolitik bekannt.

Die Erschließung der enormen natürlichen Reichtümer am Anfang und in der Mitte des 20. Jahrhunderts im Norden des Landes mit seinen Wäldern, seinem Erz und der Wasserkraft, Durchbrüche in Bereichen wie der Chemie, dem Fahrzeugbau, der Elektronik, der Bio- und Umwelttechnik, zahlreiche Erfindungen wie etwa das Kugellager, die Milchzentrifuge, das Gasleuchtfeuer, das Dynamit, die Schiffschraube, die Dampfturbine sowie der Kühlschrank ermöglichten ein schnelles Wirtschaftswachstum in Schweden. In der Jahrhundertmitte wurden die größten multinationalen Exportunternehmen des Landes gegründet – Volvo, SAAB, SCANIA, LKAB, ABB, IKEA, Ericsson, Electrolux und H&M.30

Wie kann man die erstaunliche Vitalität des skandinavischen Wohlfahrtsstaates begründen? Ist ein kleineres Land tendenziell leichter und schneller zu steuern? Spielt hier die größte Rolle die günstige geografische Lage oder der Reichtum an Bodenschätzen?

In der Wirtschaft ist Schweden durch die Kombination aus den weltweit höchsten Staatsquoten und den effektiven Steuerbelastungen geprägt, mit Spitzenwerten bei allen wichtigen Themen von Beschäftigung, Bildung, soliden Staatsfinanzen und ökonomischer Wettbewerbsfähigkeit bis hin zur Geschlechterdemokratie, Volksgesundheit und Umweltverträglichkeit.

Die deutsche Politologin Cornelia Heintze unterzieht das schwedische Erfolgsmodell einer Analyse in ihrem Artikel Das skandinavische Erfolgsmodell und sein kulturelles Fundament – eine Annäherung, wobei sie geschickt die Methoden der interkulturellen Kommunikation, und zwar die kulturellen Dimensionen von G. Hofstede, einfügte.

Wie weiter oben schon erwähnt wurde, ist der Individualismusindex in hohem Maße vom ökonomischen Entwicklungsstand abhängig. Reiche Länder erreichen überwiegend hohe Werte, während kollektivistische Länder eher arm sind.  Je mehr Wohlstand in einem Land herrscht, desto höher ist der Individualismusindex. Wirtschaftsgroßmächte wie Japan, die USA und die skandinavischen Länder weisen einen hohen Individualismusindex auf.

Die Dominanz der femininen Werte in Schweden trägt dazu bei, dass in Schweden die Gleichheit zwischen allen Bürgern des Staates in hohem Maße ausgeprägt ist. Nirgendwo sind so viele Frauen als Unternehmensleiterinnen und Vorsitzende beschäftigt wie in Schweden. G. Hofstede nennt auch ein Beispiel, das trefflich den höchsten Grad des Feminitätsindexes in der Gesellschaft Schwedens darstellt. Als  der derzeit amtierende König Karl XVI. Gustav von Schweden einkaufen gegangen war, war er, ebenso wie andere Staatsbürger, gezwungen längere Zeit an der Kasse zu warten. Der König wollte mit Scheck zahlen, aber der Verkäufer weigerte sich, den Scheck ohne Ausweiskarte anzunehmen. Erst als die Leute ringsherum ihr Portemonnaie zückten und nach einer Ein-Kronen-Münze suchten, auf der der Kopf des Königs abgebildet ist, akzeptierte der Verkäufer dies schließlich als Ersatz für seinen Ausweis. 31

Die hohe Bedeutung des Wohlfahrtstaates und seine bürgernahe Ausgestaltung haben in der gering ausgeprägten Machtdistanz ihren zentralen Anker. Die obersten Repräsentanten, die Mitglieder der königlichen Familie, entfernen sich nicht zu sehr von der Lebenswirklichkeit der Durchschnittsbürger. Um ein Beispiel zu nennen, besuchten die Kinder des schwedischen Königspaares eine gewöhnliche Grundschule. Diese gering ausgeprägte Hierarchie in der schwedischen Gesellschaft ist Ausdruck nicht nur geringer Machtdistanz, sondern auch hoher Unsicherheitstoleranz.

Diese Ausführungen lassen sich wie folgt zusammenzufassen: Die Verbindung von Individualismus, Dominanz femininer Wertorientierungen und Merkmalen eines geringen Grades an Machtdistanz bei gleichzeitig geringer Unsicherheitsvermeidung und einer eher langfristigen Orientierung sind die zentralen Motoren, die dem Wohlstand Schwedens zugrunde liegen.

    1. Stereotype über Schweden

Aufgrund der untersuchten Materialien über kulturelle Besonderheiten der Schweden werden in diesem Kapitel die am meisten vorkommenden Stereotype über Schweden dargebracht. Der norwegische Sozialanthropologe Thomas Hylland Eriksen hat die verschiedenen skandinavischen (schwedischen?) Stereotype in Bezug auf die historische und politische Perspektive analysiert. Daraus resultierend behauptet er, dass es eine Tendenz gibt, dass die Schweden als reiche, arrogante, aufgeklärte, rationale, gesetzgehorsame Stockfische gelten, die eine laxe moralische Regelung hinsichtlich sexueller Erziehung und institutionalisierter Sehnsucht nach Natur und Ungezwungenheit haben. Dabei werden die Schweden für trübsinnige, ungastliche Protestanten gehalten, die einen zentralisierten Staat aufgebaut haben und Gleichheit, Rationalität und Moderne verkörpern. Da in der Nachkriegszeit Schweden stark von der amerikanischen Kultur beeinflusst war, entwickelte sich Schweden neben den USA rasch zu einem der entwickeltsten und modernsten Staaten der Welt. Zum Abschluss erzählt Eriksen einen Witz über Schweden, in dem typische Vorstellungen über Schweden hervorkommen:  Ein Schwede hat Schiffbruch erlitten und ist auf eine unbewohnte Insel hingeraten. Plötzlich erscheint ein Gin (Geist?) aus heiterem Himmel und sagt, dass er bereit ist, einen beliebigen Wunsch des Schweden zu erfüllen. Ohne zu zögern sagt der Schwede, dass er zurück nach Hause will in seinen großen und gemütlichen Bungalow mit seinem Volvo, seinem Videorecorder und seinen IKEA Möbeln.“32

Andere Stereotype, die in Medien sehr oft vorkommen sind:

  • „Schweden sind schwul.“33 Dieser Stereotyp ist mit einem hohen Feminitätsindex zu erklären. Schwedische Männer sind immer gut angezogen und sehen meist smart (elegant) aus. Männer können auch „sorgende“ Funktionen in der Familie übernehmen, was zum Beispiel für österreichische Männer, die eher maskulin sind, ganz untypisch ist.
  • „Schweden reden nicht viel. Schweden schweigen immer.“34 Im Kontext der interkulturellen Kommunikation kann man das mit der Theorie von R. Lewis  erklären. Lewis unterteilt Kulturgruppen anhand des Kriteriums, wie Menschen mit ihrer Zeit umgehen.  Insgesamt definiert er drei unterschiedliche Kulturgruppen: linear-aktive, multi-aktive35 und reaktive. Schweden gehören zwar eher zu linear-aktiven Kulturen36, sie weisen aber auch Merkmale reaktiver Kultur37 auf, und zwar gelten sie als “gute Zuhörer”. Wenn es nichts zu sagen gibt, sagt man lieber nichts.
  • „Schweden wünschen sich keine beständigen Beziehungen.“38 Schweden nehmen die Institution der Ehe nicht so ernst wahr. Der Grund dafür kann die Religion sein. In katholischen Ländern, wie zum Beispiel in Spanien, wird die Ehe als etwas „hehr“ betrachtet, die von Gott besiegelt ist und von keinem Menschen gekündigt (klingt nach Job; vielleicht eher gelöst/geschieden?) werden kann.
  • „Schwedische Frauen sind außergewöhnlich schön. Der Traum von Männern - die natürliche Schönheit - groß, blond, blauäugig und ungeniert, aber dumm.“ In den Ländern, in denen es viele Blondinen gibt, also im Norden Europas, wird blond oft mit dumm gleichgesetzt. In Schweden selbst, zum Beispiel, hält man eine Brünette sofort für intelligenter.39
  • „Schweden sind besonders selbstmordgeneigt.“ Die Quelle des Gerüchts ist eine Rede des US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower von 1960. Er behauptete, dass „Sünde, Nacktheit, Alkoholmissbrauch und Selbstmord in Schweden auf ein Übermaß an Wohlfahrtspolitik zurückzuführen seien.“ 40
  • „Es mangelt den Schweden an Lebensfreude.“ Der Grund dieser Melancholie liegt wahrscheinlich in dem kalten Klima und des allzu kurzen Sommers in Schweden. 41
  • „Schweden haben einen subtilen Humor, den der Fremde selten versteht.“ Schweden lassen sich durch vage Andeutungen oder eine spezifische Art der Formulierung zum Lachen bringen. 42
  • „Die schwedische Sünde und die Gleichstellung der Geschlechter“. Die liberale Haltung der Schweden in sexuellen Fragen und gegenüber der Homosexualität ist zwar seit den 1960er Jahren ausgesprochen, wird aber nicht in manchen Ländern, so zum Beispiel in Russland,  eindeutig verstanden.43
  • „Schweden sind wenig kontaktfreudig“44, da sie selten Lust haben zu reden, nur weil es sich so ergibt (anders/genauer ausdrücken). Für Schweden, die lieber zuhören, als aus der Masse herauszutreten, gilt es als Zeichen der Selbstüberschätzung (mit Fremden Kontakt aufzunehmen?). Das liegt unter anderem daran, dass es in Schweden keine Cafékultur (Kaffeehauskultur?) wie auf dem europäischen Kontinent gab, was früher jedoch den Menschen ermöglichte, mit fremden Leuten erfolgreich in ein Gespräch zu kommen. Heutzutage entwickeln sich die Schweden jedoch schnell in diese Richtung.
  • „Schweden sind lagom.“ Ein berühmter Professor der Universität Stockholm im Bereich Ethnologie, Åke Daun, der sich mit der Mentalität der Schweden beschäftigt, fängt mit diesem Wort die schwedische Identität ein. Es gibt keinen entsprechenden Begriff im Deutschen, übersetzt bedeutet es: „in etwa angemessen, gerade richtig.“ Laut der Sprachwissenschaft kommt der Ausdruck „lagom“ von „lag“ bzw. „Gesetz“ oder „die rechte Ordnung.“  Im alltäglichen Leben ist es in der Zurückhaltung, der Vorsicht, dem Stil sowie dem Streben nach Balance und Harmonie der Schweden zu sehen. 45
Das heutige Fremdbild von Schweden