Die unterschiedleche rechtlichen Regelungen der Tätigkeiten von Freiberuflern und Gewerbetreibenden
Recht
Die unterschiedleche rechtlichen
Regelungen der Tätigkeiten von
Freiberuflern
und Gewerbetreibenden
§
1582284 - Joerg
Hofmann ( Diplom )
© Mai 2010 Supported by eranax.net
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
1.1
Vorwort ..............................
1.2
Ausgangslage und Problemstellung ................ 4
1.3
Begrifserklärung ..............................
- Selbständigkeit
2.1
Freiberufler oder Gewerbetreibender ? ...........
2.2
Der kleine Unterschied und seine Folgen .........
2.2.1
2.2.2
2.2.3
2.3
Freiberufler und Gewerbetreibender ..............
2.4
Scheinselbstständigkeit .........................
- Zusammenfassung
3.1
Vorteile eines freien Berufs ....................
3.2
3.3
FAQ - Häufige Fragen zu Gewerbe und Freiberuf ...
- Anhang
4.1
Freie Katalogberufe gem. § 18 EStG bzw. § 1 PartGG 20
4.2
§18 Einkommensteuergesetz EstG .................. 21
4.3
Literatur und Medien ............................ 23
1.
Einleitung
1.1
Vorwort
"Ich möchte
mich selbstständig machen, habe aber keinen Beruf gelernt. Hat jemand
eine Idee?" war unlängst eine Anfrage in einer Newsgroup für
Selbstständige zu lesen.
"Ich bin
noch Schüler, möchte mich nebenbei aber selbstständig machen. Geht
das?" Natürlich geht das. Erst mal sogar ohne jegliche Umstände.
Einen ersten Auftrag kann jeder ohne bürokratische Formalitäten abwickeln.
"Ich bin
noch Studentin. Jetzt soll ich für meinen Sportverein eine Homepage
gestalten. Muss ich dazu ein Gewerbe anmelden?" Nein, erst
mal nicht. Wer die Chance hat, einfach mal auszuprobieren, ob die selbstständige
Arbeit etwas für sie ist, sollte sie nutzen. Die Gewerbeanmeldung hat
Zeit, bis klar ist, ob die selbstständige Arbeit zum Dauerzustand werden
soll.
Aber niemand sollte
sich Illusionen machen. Wer eine Web-Site gestaltet hat, ist noch keine
Web-Designerin. Wer sein erstes Programm verkauft hat, noch kein Programmierer.
Auch wenn diese Berufsbezeichnungen nun auf der eigenen Homepage stehen.
Um es wirklich zu werden, braucht es mehr als eine Geschäftsadresse.
Vor allem braucht es Zeit. Unter zwei, drei Jahren geht es kaum, bis
ein Newcomer sich auf dem Markt etabliert und sein Einkommen sich halbwegs
stabilisiert hat.
Der einfache Einstieg
darf auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Bürokratie irgendwann
ihr Recht fordert. Wer sich für eine dauerhafte selbstständige Tätigkeit
entschieden hat, kommt an den Behörden nicht mehr vorbei. Je gründlicher
man sich dann mit ihnen auseinandersetzt, umso weniger Ärger werden
sie einem machen.
1.2 Ausgangslage
und Problemstellung
Spätestens wenn
im Kopf der Entschluss reift, aus den bislang vereinzelten Aufträgen
einen dauerhaften Job zu machen und dem Geschäft eine solide Basis
zu geben, ist es unumgänglich, sich mit ein paar Rechtsfragen zu beschäftigen.
Und das ist alles andere als amüsant. So ist die Rechtslage nun mal:
Wer seinen Geschäftsalltag korrekt gestalten will, muss sich erst mal
durch einen Wust von Definitionen kämpfen, die über seinen Status
im Steuer-, Versicherungs- und Gewerberecht entscheiden. Zum Beispiel
Selbstständige im IT-Bereich können Handwerker, Gewerbetreibende oder
Freiberufler sein, Künstler oder Kaufleute, haupt- oder nebenberuflich
tätig. Sie können arbeitnehmerähnliche Kleinunternehmer sein (Frauen
kommen in diesen Gesetzen nicht vor), Berufsanfänger oder Hobbykünstler.
Und manche stellen bei näherem Hinsehen überrascht fest, dass sie
nach den Kriterien des Sozialgesetzbuches überhaupt nicht selbstständig,
sondern Arbeitnehmer sind. Die wichtigsten dieser Definition sind im
Folgenden so genau wie nötig und so übersichtlich wie möglich beschrieben.
Wer seinen steuer-,
sozialversicherungs- und gewerberechtlichen Status klären will, muss
im wesentlichen folgende Fragen beantworten:
- Betreibe ich ein Gewerbe oder einen freien Beruf?
- Wenn Gewerbe: Bin ich Kaufmann oder Kleingewerbetreibender?
- Wenn freier Beruf: Bin ich vielleicht auch Künstlerin oder Publizist?
- Gehöre ich darüber hinaus zu einer der vielen Sondergruppen, die spezielle Rechte und Pflichten haben?
- Wenn ich nebenberuflich selbstständig bin: Welchen Status habe ich dann?
Und überhaupt:
Bin ich wirklich selbstständig im Sinne des Gesetzes? Oder vielleicht
doch ein scheinselbstständiger Arbeitnehmer?
1.3 Begrifserklärung
Selbständigkeit (beruflich)
Die Definition
der Selbständigkeit wird aus § 7 Abs. 1 des vierten Buchs des
Sozialgesetzbuchs (SGB IV) hergeleitet. Dieser enthält Begriffsbestimmungen,
die eine Abgrenzung der selbständigen Tätigkeit zur abhängigen Beschäftigung
ermöglichen. Die Aufnahme einer selbständigen Arbeit wird auch als
Existenzgründung bezeichnet. Entspricht eine als selbständig gemeldete
Arbeit den Merkmalen der abhängigen Arbeit, spricht man von Scheinselbständigkeit.
Freiberuf
Als Freiberuf oder freier Beruf werden - im deutschen Recht - Tätigkeiten bezeichnet, die nicht der Gewerbeordnung unterliegen. Sie betreffen nach §18 EStG und §1 PartGG selbstständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische oder (sehr) ähnlich gelagerte Tätigkeiten. Die freien Berufe haben im Allgemeinen auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung von Dienstleistungen höherer Art im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit zum Inhalt (§1 Abs. 2 PartGG).
Menschen, die freie
Berufe ausüben, werden auch als Freiberufler (im Gegensatz zum Gewerbetreibenden)
bezeichnet.
Gewerbe
ist grundsätzlich jede wirtschaftliche Tätigkeit, die auf eigene Rechnung,
eigene Verantwortung und auf Dauer mit der Absicht zur Gewinnerzielung
betrieben wird. Im engeren Sinne versteht man unter Gewerbe die produzierenden
und verarbeitenden Gewerbe: Industrie und Handwerk. Ein Gewerbe wird
durch einen Gewerbetreibenden in einem Gewerbebetrieb ausgeführt.
In der Rechtsprechung
hat sich folgende Definition durchgesetzt: Ein Gewerbe ist jede erlaubte,
selbständige, nach außen erkennbare Tätigkeit, die planmäßig, für
eine gewisse Dauer und zum Zwecke der Gewinnerzielung ausgeübt wird
und kein „freier Beruf“ ist.
Existenzgründung
Als Existenzgründung
wird die Realisierung einer beruflichen Selbstständigkeit bezeichnet.
Im wirtschaftlichen Sinne bedeutet es eine Unternehmensgründung, wobei
dieser Begriff eher für Gründung größerer Unternehmen jenseits des
Mittelstand benutzt wird. Die Existenzgründung erfolgt durch Beginn
der Geschäftstätigkeit, formaljuristisch durch die Gewerbeanmeldung
oder bei freien Berufen durch Anmeldung der freiberuflichen Tätigkeit
beim zuständigen Finanzamt. Damit ist der erste Teil der Gründung
abgeschlossen. Im Nachgang können weitere Formalitäten auf die Gründer
zukommen, wie etwa die Mitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer
(IHK) oder die Eintragung in die Handwerksrolle. Hierbei ist zu beachten,
dass die Mitgliedschaft in der IHK eine Pflichtmitgliedschaft ist. Ähnliches
gilt für die Eintragung in die Handwerksrolle. Hier ist zwischen Tätigkeiten,
die einen Meistertitel erforderlich machen und Tätigkeiten, die diesen
nicht mehr erfordern zu unterscheiden. Zusätzlich gibt es die handwerksähnlichen
Tätigkeiten. Hier sind keine beruflichen Qualifikationen vonnöten.
Eine Aufnahme in die Handwerksrolle (kostenpflichtig) lässt sich in
den meisten Fällen nicht umgehen. Für bestimmte Tätigkeiten sind
weitere Genehmigungen erforderlich, wie z. B. die Gaststättenkonzession
zum Eröffnen eines Cafés, die wiederum von den Kontrollen des Veterinär-
und Gesundheitsamtes abhängt. In anderen Fällen sind Sachkundenachweise
erforderlich (z. B. beim Handel mit Milch, Waffen oder Arzneimitteln).
Scheinselbständigkeit
Eine Scheinselbständigkeit
(auch: Scheinselbstständigkeit) liegt vor, wenn eine erwerbstätige
Person als selbständiger Unternehmer auftritt, obwohl sie von der Art
ihrer Tätigkeit her zu den abhängig Beschäftigten (Arbeitnehmer)
zählt.
Die diesbezüglichen in Deutschland geltenden gesetzlichen Regelungen
wurden mehrfach überarbeitet. Nachdem 1999 zunächst anhand von einzelnen
konkreten Umständen eine Einstufung vorgenommen wurde, ist nunmehr
in §7 SGB IV geregelt worden, dass es entscheidend darauf ankommt,
ob die Tätigkeit nach Weisungen eines Auftraggebers ausgeführt wird
bzw. ob eine Eingliederung in die Organisation des Auftraggebers erfolgt
ist. Wichtige Kriterien sind daher nach wie vor die Arbeitszeitgestaltung
und die Möglichkeit, die vereinbarte Leistung auch durch Dritte erbringen
zu lassen.
2. Selbständigkeit
2.1 Freiberufler oder Gewerbetreibender?
Die Abgrenzung
zwischen Freiberuflern und “normalen” Gewerbetreibenden ist
nicht immer ganz einfach. Grundsätzlich sind Freiberufler auch Gewerbetreibende,
geniessen aber u.a. steuerliche Vorteile, da die sog. Freien Berufe
nicht der Gewerbesteuer unterliegen.
In § 18 Abs.
1 Einkommensteuergesetz (EStG) sind einige Beispiele dafür aufgeführt,
welche Tätigkeiten im einzelnen freiberuflich sind. Freiberufler ist,
wer:
- selbstständig und eigenverantwortlich tätig ist und
- eine wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit ausübt
Einen einheitlichen Oberbegriff der freien Berufe gibt es nicht, so
dass der in § 18 Abs. 1 Nr.1 EStG aufgeführte Katalog freier
Berufe nicht abschließend ist. Bei vergleichbaren Berufen ist jeweils
im Einzelnen zu entscheiden. Freie Berufe setzen eine Tätigkeit voraus,
der nicht unbedingt ein Hochschulstudium vorangegangen sein muss. Es
muss sich nur um eine Ausbildung wissenschaftlicher Art handeln. Darunter
fallen auch das Selbststudium oder durch Berufstätigkeit erworbene
Kenntnisse. Die Kenntnisse müssen dem Niveau eines Hochschulstudiums
entsprechen. So definiert der Europäische Gerichtshof (EuGH) die freien
Berufe (i.S. der 6. EG-Richtlinie) als „Tätigkeiten die ausgesprochen
intellektuellen Charakter haben, eine hohe Qualifikation verlangen und
gewöhnlich einer genauen und strengen berufsständischen Regelung unterliegen“.
Freiberufler unterliegen nicht der Pflicht zur Anmeldung beim Gewerbeamt. Sie beantragen die Vergabe einer Steuernummer direkt beim Finanzamt. Sie unterliegen nicht der Gewerbesteuer.
Wie grenzen sich
der „Gewerbetreibende“ und der „Freiberufler“ voneinander
ab? Die Abgrenzung ist oftmals schwierig, da zum Beispiel auch der freiberuflichen
Tätigkeit in der Regel die Erwerbsabsicht nicht fehlt. Viele Tätigkeiten
fallen also sowohl unter die Merkmale der freiberuflichen Tätigkeit
als auch unter die des Gewerbes. In diesen Fällen ist das ausschlaggebende
Entscheidungskriterium die geistige, schöpferische Arbeit, die bei
einer freiberuflichen Tätigkeit im Vordergrund steht.
Nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG gehören insbesondere zu der freiberuflichen
Tätigkeit
- die selbstständig ausgeübte wissenschaftliche, künstlerische, schriftstellerische, unterrichtende oder erzieherische Tätigkeit
- die selbstständige Berufstätigkeit der Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Rechtsanwälte, Notare, Patentanwälte, Vermessungsingenieure, Ingenieure, Architekten, Handelschemiker, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, beratende Volks- und Betriebswirte, vereidigten Buchprüfer (vereidigten Bücherrevisoren), Steuerbevollmächtigten, Heilpraktiker, Dentisten, Krankengymnasten, Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer, Lotsen (sogenannte Katalogberufe)
- die den Katalogberufen ähnliche Berufe
Damit ein Beruf
dem Katalogberuf ähnlich ist, muss er in wesentlichen Punkten mit diesem
übereinstimmen. Dazu gehört, dass Ausbildung und die berufliche Tätigkeit
selbst mit dem Katalogberuf vergleichbar sind. Alle anderen Tätigkeiten,
die nicht in § 18 Abs. 1 EStG aufgeführt sind oder zu den "ähnlichen
Tätigkeiten" zählen, sind gewerblich, wenn sie nicht zur Land-
und Forstwirtschaft gehören.
Tipp: die Banken
haben für sich selbst einen eigenen Katalog mit den Berufen zusammengestellt,
die sie selbst unter “Freie Berufe” zusammenfassen. Diese Eingruppierung
hat nichts mit der steuerlichen Behandlung zu tun. Umgekehrt ist es
auch zwecklos, mit den Banken darüber zu diskutieren, ob man nun -weil
steuerlich anerkannt- bei dieser oder jener Bank als Freiberufler behandelt
wird.
2.3
Scheinselbstständigkeit
Von den Gewerkschaften erfunden, sollte der Begriff "Scheinselbstständigkeit" ursprünglich darauf hinweisen, dass es Deutschland vermutlich eine Million Erwerbstätige gibt, die nach der Art ihrer Tätigkeit eindeutig Arbeitnehmer sind, von ihren Arbeitgebern aber wie Selbstständige beschäftigt werden: "Freie" Redakteurinnen bei Online-Medien, "selbstständige" Lkw-Fahrer bei Speditionen, "selbstständige" Parfümverkäuferinnen in Kaufhäusern. Findige Kneipiers haben sogar schon "freie Kellnerinnen" beschäftigt, deren "Unternehmen" darin bestand, das Bier am Tresen zu kaufen und am Tisch dem Gast mit Aufschlag weiterzuverkaufen.
Der Grund für solche Konstruktionen ist simpel: Arbeitnehmer haben in Deutschland Anspruch auf Kündigungsschutz, Sozialversicherung, Lohnfortzahlung bei Krankheit, Urlaub und Tarifbezahlung. Selbstständige haben diese Ansprüche nicht. Arbeitnehmer, die man ohne diese Ansprüche "frei" beschäftigen könnte, wären billiger.
Um zu verhindern, dass Arbeitgeber hier nach Belieben Arbeitnehmerrechte aushebeln, schreiben die Gesetze schon seit einem halben Jahrhundert bindend vor, wer als Arbeitnehmer beschäftigt werden muss. Scheinselbstständigkeit meint nichts anderes, als dass Leute, die in Wirklichkeit Arbeitnehmer sind, aus genau diesem Grunde als "scheinbar Selbstständige" beschäftigt werden. Und eben das soll aus gutem Grund verhindert werden.
Wer sich nicht sicher ist, ob seine Arbeit wirklich selbstständig ist, sollte also zuerst mal mit dem Auftraggeber reden und zusehen, ob man nicht gemeinsam klare Verhältnisse schaffen kann. Den Schaden hat im Zweifelsfall schließlich der Auftraggeber. Und wenn das nicht geht, sollte man überlegen, ob man sich auf so einen komischen Job wirklich dauerhaft einlassen soll.
Denn das eigentliche Problem sind nicht die rechtlichen Bestimmungen gegen die Scheinselbstständigkeit. Problematisch sind vor allem solche halbgaren Beschäftigungsverhältnisse – egal wie das Gesetz sie wertet:
Es ist nun mal nicht das, was man sich unter selbstständiger Arbeit vorstellt, wenn mir der Auftraggeber dauernd in meine Arbeit und sogar in meine Arbeitsorganisation reinreden kann. Der selbstständige Status nützt mir auch wenig, wenn ich von meinem einzigen Auftraggeber schlimmer abhängig bin als vorher von meinem Chef.
Aus diesem Grund zählt dieser Ratgeber keine "Tricks" auf, wie man die Bestimmungen zur Scheinselbstständig elegant unterlaufen kann. Seht lieber zu, dass ihr mit eurer Selbstständigkeit richtig auf die Beine kommt. Dann erledigt sich das Thema "Scheinselbstständigkeit" von selbst.
3.1 Vorteile eines freien Berufs
Ausübende der
klassischen freien Berufe, auch Katalogberufe genannt, zahlen keine
Gewerbesteuer. Sie sind lediglich umsatz- und einkommensteuerpflichtig.
Das Finanzamt entscheidet, ob eine selbstständig ausgeübte Tätigkeit
gewerblich oder freiberuflich ist. Es wird hierbei streng zwischen den
Katalogberufen und anderen, zum Teil neu entstandenen, selbstständigen
Berufen unterschieden, die tendenziell eher als gewerblich eingestuft
werden und folglich Gewerbesteuer zahlen.
Freiberufler haben's gut: Sie bezahlen
weniger Steuern, dürfen unabhängig von der Höhe Ihrer Umsätze und
Gewinn eine vereinfachte Buchführung verwenden, müssen weniger Melde-
und Prüfvorschriften beachten und genießen auch sonst zahlreiche Sonderrechte.
In einem aktuellen Urteil hat das Bundesverfassungsgericht die Befreiung
der Freiberufler von der Gewerbesteuer einmal mehr als verfassungsgemäß
eingestuft (Az. 1 BvL
2/04). Und das, obwohl sich das Berufsbild mancher freien Berufe unzweifelhaft
an das von Gewerbetreibenden annähert.
Nicht nur wegen der steuerlichen Ungleichbehandlung sollten Sie den Unterschied zwischen Freiberuflern und Gewerbetreibenden schon bei der Anmeldung ihrer Selbständigkeit kennen: Auch auf anderen Rechtsgebieten kann der Unterschied eine Rolle spielen. Und nicht immer kommen verschiedene Stellen bei einer Statusprüfung zum gleichen Ergebnis. Wir erklären im Folgenden, wonach sich Ihre Einordnung richtet und welche Konsequenzen das für Sie hat.
Freiberuflich = selbständig = freier Beruf = freier Mitarbeiter?
Vielfach werden die Bezeichnungen
"selbständig" und "freiberuflich" synonym verwendet.
Das hängt damit zusammen, dass freie Mitarbeiter häufig mit Freiberuflern
verwechselt werden (das ist nicht dasselbe!) und auch das Finanzamt
trägt seinen Teil dazu bei: Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit"
machen laut Einkommensteuergesetz einen Teil der "Einkünfte aus
selbständiger Tätigkeit" aus.
Im Sozialversicherungsrecht spielt die Unterscheidung keine entscheidende
Rolle: Hier verläuft die Grenzlinie vielmehr grundsätzlich zwischen
(abhängiger) Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit - ganz gleich,
ob sie unter steuerlichen Gesichtspunkten freiberuflich oder im Rahmen
eines Gewerbebetriebes erbracht wird. Ein Gewerbetreibender kann demnach
genauso als "scheinselbständig" eingestuft werden wie ein
Freiberufler, der auf eigene Rechnung arbeitet.
Entscheidend ist dabei immer die betriebliche Praxis. Welche Vertragsart
zwischen den Geschäftspartnern geschlossen wird (z. B. Werkvertrag
statt Dienstvertrag) und wie die Form der Kooperation genannt wird ("Vertrag
über freie Mitarbeit") spielt im Ernstfall keine Rolle: Ob es
sich um einen Auftragnehmer ("Freier Mitarbeiter") oder einen
Arbeitnehmer handelt, wird im Zweifel anhand von Selbständigkeits-Merkmalen
abgeprüft (z. B. Vorhandensein eigener Geschäftsräume, Auftreten
am Markt, Werbung, Zahl und Auftragsvolumen unterschiedlicher Auftraggeber,
Zahl eigener Mitarbeiter).
Dass ein Auftragnehmer Angehöriger eines "Freien Berufs"
(z. B. Rechtsanwalt oder Architekt) ist und mehr oder weniger anspruchsvolle
Tätigkeiten ausübt, ist dabei nachrangig. Schließlich können auch
Rechtsanwälte oder Architekten abhängig beschäftigt sein - wie das
Beispiel des Rechtsanwalts zeigt, der von einem mittelständischen Unternehmen
als Justiziar eingestellt wird, oder des Architekten, der als Verwaltungsbeamter
beim Bauamt arbeitet.
Typische Freiberufler
Welche Berufe als "Freie Berufe" anerkannt sind, steht in § 18 des Einkommensteuergesetzes. Dort hat der Gesetzgeber vor fast 50 Jahren eine Liste sogenannter Katalogberufe zusammengestellt, auf die sich auch viele andere Gesetze beziehen. Als freiberuflich gelten demnach:
- Heilberufe: Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte, Heilpraktiker, Krankengymnasten, Hebammen, Heilmasseure, Diplompsychologen,
- Rechts-, steuer- und wirtschaftsberatende Berufe: Rechtsanwälte, Patentanwälte, Notare, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, beratende Volks- und Betriebswirte, vereidigte Buchprüfer (und Buchrevisoren),
- Naturwissenschaftliche / technische Berufe: Vermessungsingenieure, Ingenieure, Handelschemiker, Architekten, Lotsen, hauptberufliche Sachverständige.
- Informationsvermittelnde Berufe / Kulturberufe: Journalisten, Bildberichterstatter, Dolmetscher, Übersetzer (und ähnliche Berufe), Wissenschaftler sowie
- Künstler, Schriftsteller, Lehrer und Erzieher.
Wichtig: Durch den abschließenden Verweis auf "ähnliche Berufe"
hat der Gesetzgeber klar gemacht, dass es sich beim Katalog der "Freien
Berufe" nicht um eine abschließende Aufzählung handelt.
Kriterien für "ähnliche Tätigkeiten"
Bei neuen Berufsbildern müssen
die Gerichte prüfen, ob es sich um Tätigkeiten handelt, die den Katalogberufen
ähnlich sind und damit ebenfalls als freie Berufe eingestuft werden
können. Die Gerichte entscheiden danach, ob im Zweifelsfall eine vergleichbare
Tätigkeit, eine vergleichbare Ausbildung beziehungsweise eine vergleichbare
gesetzliche Erlaubnis vorliegt. Die Ähnlichkeit wird dabei recht eng
ausgelegt.
Eindeutige Kriterien für die Feststellung der Freiberuflichkeit gibt
es nicht. Einen brauchbaren Anhaltspunkt bietet aber die Definition
der "Freien Berufe", die sich im "Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften
von Angehörigen Freier Berufe"
findet:
"Die Freien Berufe haben im allgemeinen
- auf der Grundlage besonderer beruflicher Qualifikation oder schöpferischer Begabung
- die persönliche, eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Erbringung
- von Dienstleistungen höherer Art
- im Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit
zum Inhalt."
Bei ihren "Dienstleistungen höherer Art" dürfen sich Freiberufler durchaus der Unterstützung fachlich qualifizierter Mitarbeiter bedienen (wie das zum Beispiel bei Ärzten oder Steuerberatern seit eh und je der Fall ist). Die volle fachliche Verantwortung für jeden einzelnen Auftrag muss dabei jedoch beim Chef selbst liegen. Anderenfalls handelt es sich nicht mehr um eine "persönliche, eigenverantwortliche Leistung".
Typische Gewerbebetriebe
Industrie, Handwerk, Handel und "einfache Dienstleistungen" gelten demgegenüber eindeutig als Gewerbebetriebe. Dazu zählen die folgenden Wirtschaftszweige:
- industrielle Fertigung,
- Handwerk und handwerksnahe Berufe mit Ausnahme künstlerischer Tätigkeiten,
- Groß- und Einzelhandel (im weitesten Sinne der Verkauf von Produkten),
- Gastronomie und Hotellerie
- "einfache" Dienstleistungen (zum Beispiel haushaltsnahe Dienstleistungen wie Reinigung oder Reparaturen)
- Vertreter, Vermittler und Agenturen sowie
- Geld- und Vermögensberater.
Unabhängig vom Wirtschaftszweig und Art der Tätigkeit gelten darüber
hinaus alle Kapitalgesellschaften (GmbHs und Aktiengesellschaften) durch
ihre Rechtsform automatisch als gewerblich.
Unterschiede im Steuerrecht
Ganz gleich, wie hoch Ihre Umsätze
und Gewinne sind: Als selbständiger Freiberufler zahlen Sie keine Gewerbesteuer.
Im Rahmen Ihrer Einkommensteuererklärung melden Sie Ihre "Einkünfte
aus selbständigen Tätigkeiten" an - Gewerbesteuererklärungen
und Vorauszahlungen sind in dem Fall nicht erforderlich.
Lesetipp: Da die gezahlte Gewerbesteuer
inzwischen zum überwiegenden Teil auf die Einkommensteuer angerechnet
wird, sind die unmittelbaren finanziellen Folgen der steuerlichen Ungleichbehandlung
von Freiberuflern und Gewerbetreibenden weniger bedeutsam als früher.
Mit den Folgen der Gewerbesteuerreform 2008 befassen wir uns in einem
separaten Artikel: "Neuordnung
der Gewerbesteuer: An jeder Schraube gedreht"
Die Gewerbesteuerpflicht greift bei gewerblichen Einzelunternehmen und Personengesellschaften zum Glück erst ab einem jährlichen Gewinn von rund 24.500 Euro. Für Kleinunternehmer, deren Einkünfte auf Dauer deutlich unterhalb dieser Schwelle bleiben, macht es steuerlich unterm Strich also überhaupt keinen Unterschied, ob die Gewinne mit freiberuflichen oder gewerblichen Tätigkeiten erzielt worden sind. Bei dieser Gruppe von Steuerpflichtigen sind die Finanzämter bei der Status-Unterscheidung erfahrungsgemäß auch nicht (mehr) besonders pingelig.
Sofern Ihre Tätigkeit als freiberuflich eingestuft werden kann, sollten
Sie aber trotzdem von vornherein jeden Anschein gewerblicher Tätigkeit
vermeiden: Denn erstens könnte sich die Ertragslage im Laufe der Zeit
ja verbessern. Selbst wenn sich die finanzielle Zusatzbelastung dabei
unterm Strich in Grenzen hält, müssen Sie dann die bürokratischen
Vorschriften des Gewerbesteuergesetzes befolgen.
Viel wichtiger noch: Als Freiberufler können Sie sich unabhängig von
der Höhe Ihrer Umsätze und Gewinne die aufwendige doppelte Buchführung
sparen und brauchen keine Bilanz zu erstellen. Eine einfache Einnahmen-Überschussrechnung
genügt. Das erspart Ihnen erfahrungsgemäß sehr viel Arbeit oder Ausgaben
für qualifizierte Mitarbeiter oder Dienstleister.
"Infektion" vermeiden!
Nicht jede Einnahme aus dem Verkauf eines Produkts oder der Erledigung einer gewerblichen Leistung macht aus einem Freiberufler automatisch einen Gewerbetreibenden: Das gilt vor allem dann, wenn mit dem Erlös kein Gewinn erzielt wird oder es sich um Hilfsleistungen handelt, ohne die die freiberufliche Haupttätigkeit nicht ausgeübt werden kann. Denken Sie nur an die Gebührenpauschalen von Rechtsanwälten oder an den Arzt, der ein Stärkungsmittel vertreibt.
Spätestens jedoch, wenn mit dem Verkauf von Produkten, gewerblichen Dienstleistungen oder Vermittlungen Gewinne erzielt werden sollen, laufen Sie Gefahr, Ihre Freiberuflichkeit gewerblich zu "infizieren". Mit gravierenden Folgen: Denn die Einstufung als Gewerbebetrieb gilt das für den gesamten Betrieb, auch wenn der gewerbliche Anteil verschwindend gering ist! Die "Abfärberegel" wurde in dem eingangs erwähnten Urteil des Bundesverfassungsgericht ebenfalls als verfassungsgemäß eingestuft (Az. 1 BvL 2/04).
Dass Sie sowohl Einkünfte aus
freiberuflichen Tätigkeiten als auch aus Gewerbebetrieb haben, dagegen
hat das Finanzamt überhaupt nichts einzuwenden: Bei einer solchen Kombination
sollten Sie die beiden unterschiedlichen Einkunftsarten aber möglichst
sauber voneinander trennen.
Und zwar am besten nach innen und außen, also mit verschiedenen Geschäftspapieren,
über unterschiedliche Bankkonten und separate Buchführungen. Unter
bestimmten Umständen genügen aber auch schon separate Einnahmen- und
Ausgabekonten für die unterschiedlichen Betätigungsfelder. Fehlen
auch die, ist die "Infektionsgefahr" sehr groß.
Tipp: Bevor Sie ohne Not ein zweites Unternehmen gründen, sollten Sie
mit Ihrem Steuerberater oder mithilfe Ihres Berufs- oder Branchenverbands
klären, welche Nebeneinkünfte in Ihrem Fall im Rahmen der Freiberuflichkeit
zulässig sind.
Weitere Unterschiede
- Gewerbeanmeldung: Freiberufler
fallen nicht unter die Gewerbeordnung. Die Liste der Berufe in § 6 Gewerbeordnung unterscheidet sich allerdings von der
Aufzählung des Einkommensteuergesetzes. Für die Aufnahme einer selbständigen
freiberuflichen Tätigkeit reicht eine Mitteilung ans Finanzamt - eine
separate Steuernummer ist normalerweise entbehrlich. Sie müssen Ihr
Unternehmen nicht beim Gewerbeamt anmelden, benötigen keinen Gewerbeschein
und unterliegen nicht der Gewerbeaufsicht. Freiberufler sind bei ihrer
Standortwahl außerdem grundsätzlich nicht davon abhängig, ob es sich
um ein Gewerbegebiet handelt oder ob der lokale Bebauungsplan geschäftlichen
Aktivitäten auf andere Weise einschränkt.
Schließlich brauchen sie die durch § 15b Gewerbeordnung kürzlich verschärften gesetzlichen Formvorschriften von Gewerbetreibenden (noch) nicht zu beachten: Der bürgerliche Name und eine ladungsfähige Anschrift genügen bislang. - Kammermitgliedschaft: Durch die entbehrliche Gewerbeanmeldung werden Freiberufler vom Ordnungsamt auch nicht obligatorisch bei der Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer angemeldet, wie das bei Gewerbetreibenden der Fall ist: Die damit verbundenen Pflichtbeiträge entfallen. In vielen Fällen müssen Freiberufler überhaupt keiner Kammer oder Berufsorganisation beitreten. Aufs Jahr gesehen lassen sich auf diese Weise leicht mehrere hundert Euro sparen.
- Handelsrecht: Weil Freiberufler kein Handelsgewerbe führen, sind sie per Definition keine Kaufleute. Damit gelten die Vorschriften des Handelsgesetzbuchs für sie auch dann nicht, wenn ihr Unternehmen im Laufe der Zeit "nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb" erfordern sollte! Verglichen mit betroffenen Gewerbetreibenden erspart ihnen das nicht nur erheblichen organisatorischen Zusatzaufwand, Melde-, Veröffentlichungs- und Prüfpflichten: Auch mit den zwischen Kaufleuten üblichen Handelsbräuchen (wie zum Beispiel dem kaufmännischen Bestätigungsschreiben) müssen Freiberufler nicht unbedingt vertraut sein.
- Sozialversicherungsrecht:
Selbständige Freiberufler können unter Umständen sozialversicherungspflichtig
sein. Manchmal ist der damit einhergehende Versicherungsschutz sehr
erwünscht (wie zum Beispiel bei vielen Künstlern und Publizisten,
die sich alle Mühe geben, Pflichtmitglieder in der Künstlersozialkasse
zu werden, weil sie so in den Genuss eines 50-prozentigen "Arbeitgeberzuschusses"
zu den Versicherungsbeiträgen zu kommen).
Andererseits besteht aber auch die Gefahr, ungewollt versicherungspflichtig zu werden, wie das Beispiel selbständiger Dozenten und Trainer zeigt, die in manchen Fällen ungewollt Rentenbeiträge zahlen müssen - oft sogar nachträglich. Ob sie zuvor vom Finanzamt oder Gewerbeaufsichtsamt als Gewerbetreibende oder Freiberufler eingestuft worden sind, spielt für die Beurteilung ihres Sozialversicherungs-Status letztlich jedoch keine Rolle: Für dessen Beurteilung ist die Krankenkasse oder der Rentenversicherungsträger zuständig.
Definitionen → Selbstständige
2.1.1. Gewerbe oder freier Beruf?
- 2.1.1.1. Typische Fälle
- 2.1.1.2. Abgrenzungskriterien
- 2.1.1.3. Grenzfälle
- 2.1.1.4. Mischfälle
- 2.1.1.5. Im Zweifelsfall das Finanzamt fragen
Für Selbstständige lautet die zweite entscheidende Frage: Bin ich Gewerbetreibender oder Freiberuflerin? Von der Antwort auf diese Frage hängt es ab, ob ich
- ein Gewerbe anmelden muss,
- gewerbesteuerpflichtig bin,
- Pflichtmitglied in der IHK bin,
- mich ins Handelsregister eintragen lassen muss und
- zur doppelten Buchführung verpflichtet bin.
Gerade für kleine Selbstständige mit geringen Umsätzen kann der Freiberuflerstatus sehr vorteilhaft sein. Aber um es gleich zu sagen: Es gibt im IT-Bereich nicht allzu viele, die die Finanzämter als Freiberufler akzeptieren. Versuchen kann man es trotzdem, zumal es hier viele Berufe gibt, von denen zum Zeitpunkt der Formulierung der entsprechenden Gesetze noch nicht mal der Name bekannt war.
(Für Handwerker gibt es noch einmal besondere Regeln. Da ein Handwerk für E-Lancer aber die absolute Ausnahme ist, geht der Ratgeber auf diese Variante nicht weiter ein.)
2.1.1.1. Typische Fälle
Typische freie Berufe sind qualifizierte Dienstleistungsberufe wie Arzt, Anwältin, Architektin oder Unternehmensberater. Im IT-Bereich gelten als freiberuflich in der Regel
- alle Ingenieurstätigkeiten,
- alle Beratungstätigkeiten, die eine Hochschulausbildung erfordern,
- das Programmieren von Systemsoftware,
- alle Arten von Unterricht und Fortbildung,
- alle künstlerischen (gestaltenden) und publizistischen Tätigkeiten.
Im Gegensatz dazu sind alle, deren Tätigkeit den Bereichen Produktion und Handel zuzurechnen ist, typischerweise Gewerbetreibende. Im IT-Bereich sind das zum Beispiel
- jeglicher Handel (mit Hardware, Software, Computerteilen),
- alle Makler, Vermittlerinnen und Auktionsfirmen,
- Beratungs- und Entwicklertätigkeiten, die keine Hochschulausbildung erfordern.
2.1.1.2. Abgrenzungskriterien
Besonders bei den neuen Dienstleistungsberufen fällt die Abgrenzung mitunter schwer. Die Gerichte haben vor allem drei Kriterien entwickelt, um in solchen Zweifelsfällen die freiberufliche von der gewerblichen Tätigkeit abzugrenzen:
- Freie Berufe sind Dienstleistungsberufe; sie vertragen sich also nicht mit Massenproduktion und Handelsgeschäften.
- Freie Berufe erfordern eine höhere Bildung oder schöpferische Begabung. Entscheidend ist dabei, dass der Beruf üblicherweise eine Hochschulausbildung erfordert – auch wenn die Freiberuflerin im konkreten Fall Autodidaktin ist.
- Freie Berufe hängen weniger vom Kapitaleinsatz ab als vom persönlichen Arbeitseinsatz des Betriebsinhabers. Er muss eigene Fachkenntnisse haben und auch die volle fachliche Verantwortung für jeden einzelnen Auftrag behalten. Wer 100 Angestellte hat, kann damit ebenso wenig Freiberufler sein wie der Geschäftsmann, der von seinen Angestellten Systemsoftware entwickeln lässt, selber aber gar nicht programmieren kann.
2.1.1.3. Grenzfälle
Da die wenigsten E-Lancer ihre eigene Tätigkeit eindeutig in den oben genannten Beispielen wiederfinden, gibt es inzwischen eine ganze Reihe von Gerichtsurteilen, denen sich weitere Abgrenzungen entnehmen lassen. Für den IT-Bereich wurden vor allem folgende Sachverhalte geklärt:
- Ingenieure, Softwareentwickler und IT-Beraterinnen sind Freiberufler, sofern sie sich mit Systemsoftware befassen und für ihre Tätigkeit üblicherweise (siehe oben) eine wissenschaftliche Ausbildung erforderlich ist. Als Beispiele für Systemsoftware werden im maßgeblichen Urteil (von 1989!) Betriebssysteme, Hilfs- und Dienstprogramme, Compiler und Übersetzer sowie Datenbanksysteme benannt. Nach der neuesten Rechtsprechung des BGH können allerdings auch Programmierer von Anwendungssoftware freiberuflich sein, sofern ihr theoretisches Wissen dem eines Ingenieurs (Informatikers) entspricht und sie bei der Entwicklung "klassisch ingenieurmäßig" vorgehen (planen, entwickeln und überwachen). Alle anderen Programmierer, vor allem die von "Trivialsoftware", werden als Gewerbetreibende eingestuft.
- Marktforscher sind Freiberufler, aber nur "bei wissenschaftlicher Vorgehensweise", was bei Markterhebungen via Internet nur selten der Fall sein dürfte.
- Marketingberater mit wissenschaftlicher Ausbildung gelten ebenso wie die beratenden Volks- und Betriebswirte als Freiberufler; Anlageberaterinnen, Versicherungs-, Finanz- und Kreditberater dagegen als Gewerbetreibende.
- Wer Computerkurse oder Trainingsseminare durchführt oder sonst wie als selbstständige Lehrkraft arbeitet, ist freiberuflich tätig.
- Wer im Netz künstlerisch oder publizistisch tätig ist, ist Freiberufler. Ob und wie weit dazu auch Online-Journalistinnen, Web-Designer, Werbetexterinnen und Software-Autoren gehören, wird in einem eigenen Kapitel erläutert.
- Eindeutig keine Freiberufler, sondern Gewerbetreibende sind alle, die über das Netz Handel treiben, makeln, versteigern oder vermitteln. Also auch Auftragsvermittler, Künstleragenten, Preisagenturen, Contentagenturen oder Provider.
2.1.1.4. Mischfälle
Kommen beide Formen – freier Beruf und Gewerbe – in einer Firma zusammen, so gilt:
- Eine Einzelperson kann gleichzeitig freiberuflich und gewerblich tätig sein und beide Jobs nach den jeweiligen Vorschriften betreiben, solange beide Tätigkeiten nichts miteinander zu tun haben. Die Online-Journalistin, die nebenbei ein Internet-Antiquariat betriebt, schreibt ihre Texte als Freiberuflerin, während sie für das Antiquariat ein Gewerbe anmelden muss. Wichtig ist, dass sie beide Tätigkeiten in den Einnahmen und Ausgaben klar und nachvollziehbar voneinander trennt (getrennte Konten, getrennte Rechnungen, getrennte Gewinnermittlung).
- Eine Personengesellschaft (GbR, OHG) dagegen gilt nur dann als freiberuflich, wenn alle Gesellschafter ausschließlich freiberuflich und außerdem als Mitunternehmer leitend und eigenverantwortlich tätig sind. Wollen die drei Trainer, die gemeinsam Software-Kurse anbieten, die Übungssoftware auch gleich verkaufen, so müssen sie dafür ein neues – gewerbliches – Unternehmen gründen. Hier gilt erst recht: Strenge Trennung von Konten, Rechnungen und Buchführung, am besten sogar von Betriebsräumen. Sonst verlieren sie den Status der Freiberuflichkeit komplett.
- Eine Ausnahme gilt – sowohl für Einzelpersonen als auch für Personengesellschaften – dann, wenn die freiberufliche und die gewerbliche Tätigkeit untrennbar miteinander verbunden sind, so dass die Einkünfte sich nicht nach den beiden Geschäftsarten trennen lassen. In diesem Fall gilt die gesamte Tätigkeit entweder als freiberuflich oder als gewerblich – je nachdem, welcher Teil ihr "das Gepräge gibt". Der Web-Designer darf also zum Pauschalpreis für die Gestaltung der Web-Site (freiberuflich) ruhig auch noch die Anmeldung bei 200 Suchmaschinen (gewerblich) übernehmen, ohne seinen Freiberuflerstatus zu verlieren. In dieser Frage sollte man sich jedoch nie auf sein Gespür verlassen, sondern im Zweifelsfall immer das Finanzamt fragen.
Partnerschaftsgesellschaften sind per Definition freiberuflich, da sie nur Angehörigen der freien Berufs offenstehen; eine GmbH dagegen ist per Definition gewerblich tätig – auch wenn sie als "Freiberufler-GmbH" gegründet wurde.
2.1.1.5. Im Zweifelsfall das Finanzamt fragen
Wer nach diesen Ausführungen nicht sicher ist, ob die eigene Tätigkeit eine freiberufliche ist, kann einfach beim Finanzamt vorbeigehen und schildern, was er so vorhat. Dort kriegt er zwar keinen "Freibrief" für die Ewigkeit, aber immerhin eine vorläufige Einschätzung, auf die er sich halbwegs verlassen kann, solange sich die Art der Aufträge und der Arbeit nicht ändert. Die letzte Entscheidung kann ohnehin immer erst nachträglich anhand der Aufträge getroffen werden, die man tatsächlich abgewickelt hat.
Manche Steuerberater lehnen eine solche Voranfrage ab, weil man damit nur schlafende Hunde wecke. Mir aber scheint das immer noch besser, als wenn das Finanzamt bei einer Betriebsprüfung sieben Jahre nach der Gründung feststellt, der Mensch sei gar kein Freiberufler – und müsse nun die Gewerbesteuer für die ganzen sieben Jahre nachzahlen.
Und irgendwann kommen sie bestimmt
...
4.
Anhang
6.1
Freie Katalogberufe gem. § 18 EStG bzw.
§ 1 PartGG
In
den juristischen Berufen
- Notar, soweit nicht Beamter (der Notar ist in den meisten Bundesländern gleichzeitig Freiberufler und beliehener Amtsträger)
- Patentanwalt
- Rechtsanwalt
- Rentenberater (Rechtsbeistand)
In
den wirtschaftswissenschaftlichen Berufen
- Beratender Betriebs- und Volkswirt
- Sachverständiger für betriebswirtschaftliche Bewertungen (bspw. Unternehmensbewertung)
- Steuerberater, Steuerbevollmächtigter
- Wirtschaftsprüfer,
Vereidigter Buchprüfer,
Certified Public Accountant
- Difficulties in Translation of Publicistic Headlines and their Pragmatic Aspect
- Direct-costing
- Dividend policy
- DNS-сервер
- Domestic tourism in Russia
- Domestic tourism in Russia
- Do the MPs loyal to their party in the UK
- DES алгоритмі арқылы шифрлеу
- Development and analysis of the budget funds On subject «Economy and Finance of the Enterprise»
- Development of lexicography
- Diana Spencer-Princess of Wales
- Die Entwicklungsphasen, beteiligte Akteure, die wichtigste Ziele und politische Kontroversen der letzten Jahren
- Die mülltrennung in deutschland
- Die Schweiz